Nach Süden sollte es dieses Jahr gehen - Sommer, Sonne, Meer und zwar auf Sardinien. Natürlich auch wegen der Möglichkeit ein paar schöne Tracks & Pisten unter die vier angetriebenen Räder zu nehmen. Seit der letzten längeren Tour, hat sich so einiges am Defender getan. Mal gucken was sich bewährt und wo nochmal nachgebessert werden muss.
Gut 1200km sind es schonmal bis zum Abfahrtshafen in Livorno. Genua wäre zwar etwas näher, dafür die Überfahrt aber deutlich teurer. Wir nehmen die Nachtfähre von Grimaldi Lines am Sonntag Abend und gönnen uns den Luxus einer Kabine. Da wir schon Freitag Abends losgefahren sind, hatten wir absolut keinen Stress oder Zeitdruck bei der Anreise und konnten entspannt in den Urlaub starten. 2 Tage sollte man für An -und Abreise einplanen.
Nach ein paar importierten Kaltgetränken lässt es sich mit dem Brummen des Schiffdiesels erstaunlich gut einschlafen.
Wir werden unsanft geweckt, es klopft an die Kabinentür und irgendjemand ruft irgendetwas auf italienisch. Verschlafen? Kann doch gar nicht sein. Etwas hektisch packen wir unsere 7 Sachen zusammen und eilen zur Information, nur um festzustellen, dass wir die Ersten sind und es nur der Weckruf gut 1 Stunde vor Anlegen war, der uns da aus dem Schlaf gerissen hat. Nun gut, für die Rückfahrt wissen wir Bescheid.
Dank park4night hatte ich schon einen ersten Platz rausgesucht, den wir direkt nach der Ausschiffung anfahren. Über eine Piste und einen kleinen Track erreichen wir eine Stelle direkt am Meer, im Schatten von ein paar Kiefern. Die Sonne geht erst langsam hinter dem Berg hinter uns auf, doch wir fühlen uns sofort wohl und "angekommen". Und was macht man dann? Genau - noch ne Runde schlafen.
Bis zum Nachmittag verbringen wir den Tag mit faulenzen, lesen, Fotos machen. Wenn's zu warm wird, geht's zur Abkühlung ins Meer. Perfekt - so oder so ähnlich haben wir uns das vorgestellt.
Ich weiß nicht warum, aber irgendwann wird uns doch langweilig und wir verlassen unseren Platz und suchen den nächstbesten Campingplatz auf. Keine gute Idee - der ist rappelvoll, laut und voll mit ungläubig schauenden Italienern, weil wir nicht im 10 Meter langem, weißen Wohnmobil unterwegs sind.
Also schnell zurück zu unserem vorherigen Platz am Meer. Der ist dann dummerweise schon besetzt. Weg gegangen - Platz vergangen. Aber wir finden zum Glück noch einen an einer anderen Stelle am Meer und können den Sonnenuntergang genießen. Sobald die Sonne dann aber untergegangen ist, sind die einzigen, die noch etwas genießen, die Stechmücken. Nämlich unser Blut. So verziehen wir uns immer recht früh in das leider noch viel zu warme Innere des Defender. Hitze und Mücken? Keine gute Kombination, glaubt mir, aber dazu später mehr.
Im Uhrzeigersinn wollten wir die Insel umrunden und so geht es mal an der Küste und mal auf den inländischen Schnellstraßen weiter Richtung Süden. Da es unglaublich warm ist - wer hätts gedacht, es ist Sommer, suche ich die nächsten Ziele meist anhand einer vorhandenen Brise aus. Dort wo die Luft steht, halte ich es nicht lange aus. Bin an sich sowieso nicht so der Hitze Typ.
Normalerweise haben wir die Nähe zu Seen und Lagunen als Schlafplätze immer gemieden, den Tigermücken sei Dank, doch bei ausreichend Wind starten die kleinen Blutsauger zum Glück nicht mehr zu ihrem Beutezug.
Die Spiaggia di Su Barone erreicht man nach dem Entrichten von 5€ Wegzoll über eine hölzerne Brücke durch ein Lagunengebiet und fährt anschließend unter Pinienbäumen bis fast ans Meer. Das Gebiet dort ist sehr weitläufig und es lohnt sich möglichst weit von der Bar entfernt zu stehen, will man seine Ruhe haben. Camping ist offiziell verboten, an uns hat sich aber keiner gestört.
Als wir morgens weiterziehen, kommt uns noch der auch auf park4night erwähnte "Parkplatzwächter" auf seinem Roller kopfschüttelnd und wild gestikulierend entgegen. Ob das wirklich der Wächter ist, oder ob er einfach nur ein bisschen sein Portmonee mit dem erneuten Einfordern des Tagessatzes von 5€ füllt, lassen wir mal dahin gestellt.
So schön die Insel bisher auch ist, Temperaturen jenseits der 35 Grad machen mir ganz schön zu schaffen, besonders Nachts, wenn Ich deswegen nicht schlafen kann. Da hatte ich vorher auch nicht richtig drüber nachgedacht, eine Lüftungsmöglichkeit zu schaffen, ohne dass die kleinen Blutsauger eindringen können.
Mit der Kompressor Kühlbox im Auto, die kontinuierlich Abwärme produziert und keiner Möglichkeit vernünftig zu Lüften, ohne dass wir von den Mücken zerfleischt werden, hat sich ein kleiner Teufelskreis geschaffen. Je wärmer es im Auto ist, desto öfter läuft die Kühlbox und desto wärmer wird es, bis die Box irgendwann im Dauerbetrieb ist.
Zwischenzeitlich schon mit vorzeitigen Abreisegedanken im Kopf, habe ich aber doch den Ehrgeiz eine Lösung für das Problem zu finden.
Irgendwie muss aktiv Luft ins Auto befördert werden, Fenster auf mit Mückengitter davor hilft nämlich auch nicht viel. Ich überlege mir eine der kleinen Heckfensterscheiben durch eine aus Plexiglas zu ersetzen, in die ich dann Löcher bohre und einen PC-Lüfter dahinter verbaue. So würde stetig frische Außenluft ins Innere gelangen.
Wir fahren also nochmal zurück nach Olbia. Die Plexiglasplatte ist schnell gefunden, PC Lüfter nach dem 4. Elektronik Markt dann auch.
Werkzeug hat man ja als Defender Fahrer immer dabei, und so habe ich dann nach 4 abgebrochenen Bohrern und 2 leeren Akkus für den Akkuschrauber einen Ersatz für eins der kleinen Heckfenster mit 2 PC Lüftern für die Frischluftversorgung dran.
So sieht übrigens (meistens) unser Koch Setup beim Wildcamping aus, wenn man der Unauffälligkeit halber nur wenig aufbauen will. Die Italiener scheinen nämlich oft das Alleinige Schlafen im Auto noch zu dulden, selbst wenn ein "Camping verboten" Schild steht. Tische, Stühle, Markise, etc. machen das Ganze aber zum klaren Regelverstoß und man liest von einigen die ihres Platzes mitsamt Strafzahlung verwiesen wurden.
Ich bin jedenfalls mächtig froh über die neue aktive Frischluftversorgung, man glaubt nicht wie viel das bringt. Endlich sind Abends angenehme Temperaturen zum Schlafen im Defender.
Heute wollen wir die erste, richtige Offroad Tour unternehmen. Wir sind schon ein paar kleine Tracks, meistens zu Stellplätzen gefahren, doch ich hatte ja im Vorfeld extra noch die neue Ausgabe des Trackbook: Sardinien* besorgt. Warum nicht gleich mit einer schwarzen Strecke (höchster Schwierigkeitsgrad) starten, denke ich mir, leichtsinnig wie ich bin.
Nur mit herkömmlicher Smartphone Navigation und dem Trackbook bewaffnet, suchen wir den Einstiegspunkt zum "Orgosolo Circuit" (Route 23 im Trackbook). Das ist mal gar nicht so leicht wie gedacht. Die Koordinaten zum Einstiegspunkt stehen zwar im Buch, allerdings nicht in einer Schreibweise, mit der auch das Handy etwas anfangen kann. Das Umschreiben ist etwas mühsam, klappt aber, und so finden wir nach einer kleinen Polizeikontrolle im Bergdörfchen Orgosolo auch den Startpunkt unserer Tour.
Übrigens: vertraut nicht blindlinks dem Navi, sonst findet ihr Euch irgendwann mit Schweißperlen auf der Stirn, wild am Lenkrad kurbelnd in den noch so kleinen italienischen Gassen wieder, gebaut für Fahrzeuge mit dem Ausmaß eines Fiat Pandas.
Fahrtechnisch empfinde ich die Strecke mit dem Defender nicht als besonders anspruchsvoll. Die Navigation ist aber in diesem Fall mit dem Track Book eine kleine Herausforderung. Irgendwann finden wir einfach nicht mehr die angegebene Strecke und irren im Tal umher, versuchen jeden Weg, fahren wieder zurück. Auch das wild lebende Schwein will uns nicht weiter helfen. Wir geben uns geschlagen, fahren die komplette Strecke retour und gönnen uns im Touristen Hotspot Cala Gonone einen Campingplatz, Bier & Pizza.
Der nächste Tag beginnt mit einer Abkühlung im Meer und der Besichtigung der Grotta d' Ispinigoli. Über viele Stufen geht es hinab in einen großen Saal in dessen Mitte der größte Tropfstein Europas steht. Die Führung ist recht schnell vorbei und wir machen einen Temperatursprung von 17°C in der Höhle auf 34°C in der Sonne.
So eine Klimaanlage ist ja doch was Feines. Dumm, dass unser Defender keine hat. Aber Lüftungsklappen hat er und die sorgen bei ausreichend Geschwindigkeit immerhin für einen angenehmen Durchzug. Nach einer kleinen Piste finden wir einen Stellplatz am Wasser neben einem Leuchtturm. Zwischendurch kommt noch die Corpo Forestale mit einem 90er Defender vorbei und schaut ob am Leuchtturm alles in Ordnung ist. Für uns interessiert sich jedoch keiner.
Nach einer ruhigen Nacht am Leuchtturm wählen wir eine Piste durch die Berge um zu unserem nächsten Ziel zu gelangen. Obwohl, so ein richtiges Ziel haben wir eigentlich gar nicht. Egal, ab geht's auf Schotter durch die Berge. Sobald der Untergrund nicht mehr asphaltiert ist, macht es gleich doppelt so viel Spaß und wir genießen die kühle Bergluft, die durch Fenster und Lüftungsklappen ins Auto strömt.
Am Ende der Piste muss ich dann tatsächlich auch mal das viele Werkzeug einsetzen, was immer im Landy spazieren fährt. Nein, nicht weil am Defender etwas kaputt gegangen wäre, sondern weil 2 Italiener mit einem kleinen Miet Offroader eine Reifenpanne haben. Kein Wunder, so wie die Reifen aussehen, vom groben Stollenprofil ist jedenfalls kaum noch etwas über. Wir verständigen uns mit Händen und Füßen und am Ende sind die beiden sichtlich froh, dass wir Ihnen aushelfen konnten.
Für die Nacht zieht es uns wieder ans Wasser. Die Sonnenuntergänge am Meer sind aber auch zu schön. Wir sind kurz hinter Buggeru einen kleinen Track hinauf auf einen Hügel gefolgt und genießen nach dem Abendessen die untergehende Sonne. Irgendwann sind wir von Ziegen umzingelt, das Klingeln der Glocken hört man noch lange, nachdem die Tiere weitergezogen sind.
Von Buggeru aus geht es am nächsten Morgen weiter Richtung Norden. Über eine Piste vorbei an verlassenen Minen und Bergwerken (Route 31 im Trackbook) erreichen wir den "Roten Fluss". Auch wenn der "Rio Rossi di Piscinas" zu dieser Jahreszeit nicht mehr viel Wasser führt, bereitet der Track, der jenem Verlauf folgt mit seinen zahlreichen kleinen Furten viel Spaß (Route 33 im Trackbook). Wer seinen Lack liebt, sollte aber lieber auf das Befahren verzichten, wie so oft auf Sardinien ist weg teils sehr eng und es ragen immer wieder Äste in den Weg hinein. Vom Landesinneren führt der Track bis an die Küste und den Strand von Piscina mit seinen tollen Sanddünen.
Die Region um den Roten Fluss und die Sanddünen lädt zum Erkunden ein und hat immer wieder spektakuläre Aussichten zu bieten. Nachdem wir unsere Vorräte in einem kleinen Einkaufsladen aufgefüllt haben, finden wir unseren Platz für die Nacht an einer kleinen Ruine mit Blick auf's Mittelmeer.
Vom roten Fluss aus geht es für uns über Cuglieri in Richtung Norden. In der kleinen Gemeinde füllen wir bei der "Azienda Olearia Peddio" unsere Olivenöl Vorräte auf. Dieser Geheimtipp wurde uns von anderen 4x4 Reisenden empfohlen und passend steht auch noch ein Defender vor der Tür des kleinen Ladens. Es bleibt uns also nichts anderes Übrig als dort etwas Geld zu lassen, auch weil wir die verschiedenen Olivenöle probieren können.
Nach einem Offroad Track ist uns heute nicht gleich wieder zu Mute und so machen wir uns auf zum "Istrampu de sos Molinos", einem kleinen Wasserfall, der über zahlreiche Stufen direkt von der Straße aus zu erreichen ist. Die Temperatur unten in der Schlucht ist wirklich angenehm und so bleiben wir einige Zeit dort, bevor es über die Stufen wieder raus aus der Schlucht geht.
Bei Alghero wollen wir eigentlich die Grotta di Nettuno besichtigen. Wir kommen erst Nachmittags dort an und beschließen unseren Besuch auf den nächsten Morgen zu verschieben, denn Ich habe keine Lust die 654 Stufen runter zur Grotte in der Nachmittagshitze zu bewältigen. Wir entspannen also etwas auf einem kleinen Parkplatz unter dem Schatten von großen Pinien, lesen ein Buch, kochen Abendsessen, was man halt so im Urlaub macht.
Am nächsten Morgen stehen wir extra früh auf, denn der Parkplatz an der Grotte war gestern schon extrem voll. Mit Kamera in der Hand und gepacktem Rucksack stehen wir dann vor verschlossenem Tor vor der Treppe die nach Unten zur Grotte führt. Über den Kioskbesitzer nebendran erfahren wir, dass der Wellengang heute zu hoch sei. Die Grotte liegt nämlich nur einen Meter über dem Meeresspiegel und ist nur bei ruhiger See zu besichtigen. Pech gehabt, da rächt sich die gestrige Faulheit. Aber was soll's. Wir waren bestimmt nicht das letzte Mal auf Sardinien.
Unser letztes Ziel, bevor die Zeit auf Sardinien schon wieder vorbei ist, ist die Inselgruppe des La-Maddalena Archipels vor der Nord-Ost Küste. Von Palau geht es mit der Fähre rüber nach La Maddalena. Über eine Brücke ist die Hauptinsel mit der benachbarten Isola Caprera verbunden. Nach einem richtig leckeren Eis und ein bisschen Schlendern durch die kleinen Gassen der Stadt, erkunden wir die Inseln und machen immer mal wieder ein paar kleine Wanderungen zu traumhaften Buchten, wo wir es dann aber oft nicht lange aushalten, denn es ist immer noch Hauptsaison und entsprechend voll. Für's Wildcamping finden wir nicht so richtig einen Platz, bei dem wir ungestört sind, deshalb verbringen wir zwei Nächte auf jeweils verschiedenen Campingplätzen.
La-Maddalena ist nochmal ein richtiges Highlight zum Ende unserer Tour und es steht jetzt schon fest, dass wir bei unserem nächsten Sardinien Besuch wieder kommen werden. Dann aber außerhalb der Saison, um die vielen kleinen Buchten und Strände nur für uns zu haben.
Was darf am letzten Tag auf Sardinien nicht fehlen? Genau, nochmal eine Piste zu fahren. Die Passstraße durch die Monti Ultana (Route 2 "Littu Petrosu" im Trackbook) liegt etwa auf unserem Weg und lohnt sich. Ich war zwar noch nicht in den Nationalparks der USA, aber so in etwa stelle ich es mir dort auch vor. Der Track ist einfach zu fahren, die Aussichten dafür umso spektakulärer.
Unser Urlaub auf Sardinien endet dort wo er angefangen hat, an dem ersten Übernachtungsplatz, der nur wenige Kilometer vom Hafen entfernt war. Hier genießen wir nochmal den letzten Sonnenuntergang am Strand und sehen wie unsere Fähre im Hafen von Olbia einläuft. Wir reflektieren das Erlebte, haben schon wieder einige Verbesserungen für den Defender im Kopf und wissen: Sardinien, wir kommen wieder!
Für die Rückfahrt haben wir keine Kabine gebucht, sondern nur 2 Sessel im Schlafsaal. Nun ja, die Bezeichnung "Schlafsessel" verdienen die Dinger nun wirklich nicht, Beinfreiheit gleich Null. Lehne zurückstellen? Fehlanzeige. Laut? Auf jeden Fall. Aber überleben tut man das auch und die Fahrt geht schneller vor rüber als anfangs gedacht.
Auf dem Weg zurück nach Deutschland machen wir noch einen Zwischenstopp im kleinen österreichischen Bergdorf Köfels, das wir wir schon aus vorangegangenen Urlauben kennen. Wir genießen den Luxus eines "richtigen" Bettes, Wiener Schnitzel und in meinem Fall ein paar Weizenbier. So gestärkt schaffen wir dann auch noch die letzten 700 Kilometer nach Hause.
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